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Petrus und Paulus – die Superapostel

Simon, Sohn des Jona und einfacher Fischer aus Galiläa, war zusammen mit seinem Bruder Andreas einer der ersten, den Jesus in seinen Kreis der Jüngerinnen und Jünger berief. Beide waren wohl vorher Anhänger von Johannes dem Täufer. Die besondere Bedeutung von Simon dem Petrus hat u.a. folgende Gründe:

1. Petrus verleugnet Jesus, als dieser seinen Henkern ausgeliefert wurde. Er verleugnet ihn und bringt sich selbst in Sicherheit. Das ist (leider) allzu menschlich und will uns wohl sagen, dass bis heute nicht wenige „Superkatholiken“ Jesus den Messias verleugnen, weil sie - wenn es darauf ankommt, aber auch alltäglich - zuerst ihre eigenen Interessen verfolgen und sich selbst für das Wichtigste halten.  

2. Auf dem sogenannten „Apostelkonzil“ (etwa um 49 n. Chr.) stimmte die Jerusalemer Urgemeinde (u.a. mit Petrus) nach einigem Widerstand der Auffassung und der Praxis des Paulus zu, das Evangelium auch den „Heiden“ (Nicht-Juden) zu verkünden. Dies sollte sich als die entscheidende Voraussetzung herausstellen, dass es zu einer weltweiten Gemeinschaft der Jüngerinnen und Jünger von Jesus dem Christus kommen konnte - statt eine rein innerjüdische „Sekte“ zu bleiben.

3. Ob Petrus bis nach Rom gelangte, dort als Märtyrer unter Kaiser Nero hingerichtet und dann außerhalb der Stadt begraben wurde, ist unter Historikern und Bibelwissenschaftlern äußerst umstritten. Er war aber sicherlich nicht der „erste Papst“ – diese „Einrichtung“ gab es ansatzweise erst im 2.Jh. Er war auch nicht der Leiter der ersten römischen Gemeinde. Mit großer Sicherheit gehörte er aber - neben Jakobus und Johannes – zu den Führern der Jerusalemer Urgemeinde, bis zu deren Auslöschung (70 - 73) die maßgebende Instanz der ersten Christen.

4. Jesus: „Du bist Petrus, der Fels,  und auf diesen Felsen will ich meine Kirche (Gemeinde) bauen“. Das ist sicherlich der bekannteste Satz über Petrus. Er ist kirchengeschichtlich von höchster Bedeutung, aber exegetisch noch umstrittener. Genauer: Nahezu alle modernen Exegeten gehen davon aus, dass der Satz in Mt 16,18 ein späterer Einschub ist und keinesfalls ein Originalwort Jesu. Er steht auch im Widerspruch zu den drei anderen Evangelien und von Paulus, nach denen der wahre Fels allein Jesus der Christus ist.

Unumstrittener Leiter der christlichen Urgemeinde in Jerusalem bis zu dessen Tod durch Steinigung im Jahre 62 n. Chr. war Jakobus, „der Gerechte“. Er war als moralische Autorität so bedeutend, dass er auch von jüdisch-römischen Historikern erwähnt wurde, und zwar als leiblicher Bruder von „Jesus, den sie den Christus nannten“. (Dies ist auch die erste außer-biblische Erwähnung der Existenz von Jesus, geschrieben von Josephus Flavius im Jahre 94). Auch die ersten Kirchenväter berichten von Jakobus als Bruder und Nachfolger Jesu oder auch als „Bischof aller Bischöfe“, dem Petrus und Johannes Bericht erstatten und dessen Autorität sich selbst Paulus unterwerfen musste. Erst im 4. Jahrhundert, als das Christentum sich zur Staatsreligion entwickelt hatte und das „Dogma“ von der „immerwährenden Jungfräulichkeit“ im Kontext der Erbsündenlehre (u.a. Augustinus) entwickelt wurde, wurde Jakobus „vergessen“ und Petrus als 1. Bischof von Rom in den Mittelpunkt gestellt. Bis heute gründet sich der absolute Machtanspruch Roms auf diese angeblich „historische Sukzession“.

Paulus von Tarsus

Griechisch sprechender jüdischer Schriftgelehrter mit römischer Staatsbürgerschaft; verfolgte zuerst die „abtrünnigen Jesusanhänger“, wurde dann von Christus selbst zum Apostel berufen (37 n. Chr.).  Wie schon angedeutet, hat Paulus die Geschichte des Christentums entscheidend geprägt. Ohne ihn und seine Schriften wäre nach Auffassung einiger zeitgenössischen Schriftgelehrten das heute gelebte und gelehrte Christentum nicht vorstellbar bzw. es gäbe überhaupt kein Christentum mehr.   Die Geschichte seiner Bekehrung stammt von Lukas, einem begeisterten Schüler von Paulus. Weder Paulus noch Lukas haben Jesus erlebt. Die Apostelgeschichte ist eigentlich nichts anderes als eine erweiterte Paulus-Biographie. Die Briefe des Paulus klammern das (irdische) Wirken Jesu, seine Taten und Worte, völlig aus. In seinen Briefen betont er immer wieder, dass er von dem auferstandenen Jesus direkt zum Apostel berufen wurde. Dabei spricht er eher herablassend von denen, die sich als „Apostel Christi tarnen“, den „Hinterwäldlern“ aus Jerusalem (Jakobus, Petrus, Johannes), die die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt hätten. Er warnt gar „seine“ Gemeinden vor den falschen Propheten aus Jerusalem, die noch an den alten jüdischen Vorschriften hingen und die nur auf die zeitnahe und endgültige Wiederkehr (noch zu ihren Lebzeiten) von Jesus warteten. Andererseits hätte ohne seine Tätigkeit als Völkerapostel und Vermittler zur außerjüdischen Philosophie und Kultur das Christentum in der griechisch-römischen Umwelt wohl kaum Fuß fassen können. Er war und ist die Brücke vom Judentum zum weltweiten Christentum.

Fazit: Wir alle sind  Apostel, von Jesus dem Christus berufen, die Frohe Botschaft zu verkünden und ihm nachzufolgen. Jesus Christus ist der Fels, das eigentliche Fundament, auf das die Gemeinschaft derer gebaut ist, die glauben, dass Jesus der Messias (Christus) ist.  Wer sich an seinem Beispiel des Dienens und der Hingabe orientiert, anstatt z.B. einen Anspruch auf Führung zu erheben, fördert diese Gemeinschaft – eine Gemeinschaft, deren vorrangiges Erkennungszeichen das Brotteilen ist.

Dr. theol. Willi Knecht