An der Onlineveranstaltung, die am 12.3.2022 stattfand, haben ca. 275 Personen aus dem ganzen Gebiet der Diözese Rottenburg-Stuttgart, mehrheitlich solche, die in ihren Gemeinden oder unmittelbar in der Diözese Verantwortung tragen (darunter einige Kleriker), teilgenommen. Vorab stellte Herr Peter Wieland nochmals das Anliegen von KONZIL VON UNTEN dar: weder der SYNODALE WEG noch die von Papst Franziskus einberufene Weltsynode genüge, um die erforderlichen Reformen umzusetzen. Die dafür erforderlichen Entscheidungen könne nur ein Konzil herbeiführen, wobei für das Gelingen eines solchen Konzils die Zusammensetzung dieser Versammlung entscheidend werde. Diese müsste mindestens hälftig mit Frauen besetzt sein. Um das zu erreichen, müsse der Druck auch aus den Gemeinden kommen und dazu sei die Vernetzung aller reformorientierten Gemeinden nicht nur in der hiesigen Diözese, sondern weltweit nötig. Um diesen Gedanken zu vertiefen, wird am 24.9.2022 in Rottenburg ein KONZILSTAG stattfinden, um alle Reformorientierten in ihrer Haltung zu bestärken und um schließlich Bischof Fürst die an diesem Tag dann verabschiedete und die Ziele zusammenfassende „Rottenburger Erklärung“, persönlich zu übergeben. Zentraler Programmpunkt war danach das Interview mit der Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZDK), Frau Birgit Mock. Sie berichtete von den Sitzungen und, soweit möglich, den bisherigen Ergebnissen des SYNODALEN WEGS, der gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZDK ins Leben gerufen wurde und getragen wird. Neben der Darstellung der behandelten Themen war ihr wichtig, auf die dortige und sich im Laufe der Jahre veränderte „Stimmung“ zwischen den dort anwesenden Bischöfen und Laien hinzuweisen. Das veränderte Setting – die Blöcke waren nicht mehr getrennt voneinander platziert, sondern in bunter Ordnung nebeneinander und im Blickkontakt zueinander – habe auch die Haltung aller Beteiligter und die Gesprächskultur verändert. Man höre sich tatsächlich zu. Das zentrale Thema selbst sind neben den Segnungen das Frauenthema, d.h. das Thema der Menschenrechtsverletzungen unter dem grundlegenden Gesichtspunkt der menschlichen Identität. Die Antwort der Kirche auf diese Frage sei entscheidend und habe auf alle theologischen und (kirchen-)rechtlichen Bereiche Auswirkungen. Der SYNODALER WEG müsse dazu eindeutige und dem heutigen Wissens- und Erkenntnisstand entsprechende Beschlüsse fassen mit dem Ziel, den Weltkatechismus dementsprechend zu ändern. Die Ungeduld unter den Teilnehmern des SYNODALEN WEGS sei dabei sehr groß und das nicht nur unter den jungen Teilnehmern (Gruppe U 30) oder etwa der Gruppe der Frauen, die sich auch untereinander verbunden haben. Allen sei bewusst, dass die Kirche gerade in der für sie komplizierten Frauenfrage einen jahrhundertalten Ballast mit sich herumtrage (Augustinus!). Jeder sei sich der hier gestellten Herkulesaufgabe bewusst. Umso wichtiger sei es, dass die Kirchenbasis vorausgehe und diese Anliegen unterstützt. Denn allen Synodalen sei bewusst, dass an diesem Thema die Kirche auch zerbrechen könne. Schließlich ging es um die „Gretchenfrage“: Was geschieht oder ist zu tun, wenn die Bischöfe, die jetzt auf dem SYNODALEN WEG zu erwartenden Beschlüsse nicht umsetzen, wobei allen das Spannungsverhältnis, in dem sich die Bischöfe befinden, bewusst ist? Oder, was wird geschehen, wenn „Rom“ ablehnt? Dazu die klare Antwort: „Dann stehen wir vor der Tatsache, dass wir hinter diese (durch die Beschlüsse zum Ausdruck gebrachten) Erkenntnisse nicht zurück gehen können!“ Immerhin könnte sich die Deutsche Kirche, sollte es zu einem Konflikt mit der Weltkirche kommen und sie deshalb zu einem Sonderweg gezwungen werden, auf Papst Franziskus berufen. Der hat schließlich von der Inkulturation des Glaubens in die von Land zu Land unterschiedlichen Lebenskulturen gesprochen, zuletzt in seinem Schreiben Querida Amazonia nach der Amazonas Synode 2019 (Rdnr. 85 ff !) So könnte der Deutsche SYNODALE WEG auch zu einem Modell für die Weltkirche werden, wie die unterschiedlichen Reaktionen aus anderen Ländern zeigen, die zwischen Neugier, Begeisterung und Abwarten auf diesen SYNODALEN WEG schauen. Sicher auch ein Höhepunkt war dann eine inspirierende Bildbetrachtung zum Gemälde DER TRAUM DES INNOZENZ III (Giotto um 1300), das den (traumhaften) Blick des Papstes auf eine in ihren Fundamenten erschütterte, aber von Franziskus gestützte Kirche darstellt. Für die Teilnehmer selbst war diese online Veranstaltung ein spannendes, Hoffnung vermittelndes und damit vielleicht sogar ein vor Verzweiflung rettendes Ereignis, weil man sah, mit seinen Einschätzungen nicht allein zu stehen und dass trotz der nach wie vor erkennbaren Widerstände in Rom und anderswo die Dynamiken nicht unterschätzt werden sollten.

Thomas Brüstle